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Gefälltes Holz gilt in Rumänien als wertvolle Ware. 90 000 Kubikmeter 2018 wurden allein in Maramures illegal abgeholzt.

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Holz-Mafia in Rumänien: Illegale Abholzung und Gewalt eskalieren

Rumäniens Mafia geht beim illegalen Holz-Einschlag immer brutaler vor. Zwei Förster werden innerhalb eines Monats ermordet. Die Justiz reagiert lax.

Vor seinen letzten Gang in den Wald küsste Liviu Pop noch einmal seine Frau und drei Kinder. Doch nach Hause kehrte der Förster aus der nordrumänischen Landgemeinde Targu Lupes nie mehr zurück.

Ein Kollege fand den leblosen, offenbar schwer misshandelten und in eine Schlucht geworfenen Körper des 30-Jährigen am vergangenen Mittwoch auf einem Felsvorsprung: Nach Angaben der Polizei war der Familienvater mit dem eigenen Jagdgewehr erschossen worden.

Zum Opfer von Holzdieben war Mitte September auch der Förster Raducu Gorcioaia aus der ostrumänischen Provinzstadt Pascani geworden. Von diesem auf frischer Tat beim illegalen Holzfällen ertappt, hatte ein 17-jähriger Holzräuber dem 50-jährigen Waldhüter seine Axt kurzerhand viermal in den Schädel geschlagen. Einzelfälle sind die Morde keineswegs: Rumäniens berüchtigte Holzmafia geht beim illegalen Einschlag immer brutaler vor.

Förster können sich nicht verteidigen

Die Föderation der rumänischen Forstgewerkschaften hat in den vergangenen fünf Jahren über 650 gewalttätige Attacken gegen Förster, Forstingenieure und Waldarbeiter registriert. Sechs Waldhüter wurden ermordet, Dutzende mit Hieb-, Stich- oder Schussverletzungen zum Teil schwer verletzt in die Krankenhäuser eingeliefert. Nur Förster, die auch Jäger seien, hätten das Recht, mit ihrer eigenen Flinte in die Wälder zu ziehen, sagt Gewerkschaftschef Silviu Genea – und fordert einen besseren Schutz und das Waffenrecht für die Förster: „Die Förster haben Gas- und Gummiballpistolen, die nicht einmal streunende Hunde erschrecken können – geschweige denn die in Banden organisierten Holzdiebe.“

Gewalt erzeuge nur neue Gewalt, sehen heimische Umweltschutzverbände in der Bewaffnung der Förster keine Lösung: Sie fordern stattdessen eine effektive Bekämpfung des illegalen Einschlags wie die Satellitenüberwachung der Wälder, mit elektronischen Register ausgestattete Holzlager, die GPS-Pflicht bei Holztransporten und die Kamera-Überwachung von rumänischen Überlandstraßen.

Tatsächlich schreitet die Entwaldung des einst für seine dichten Urwälder bekannten Karpatenstaats immer schneller voran. Laut Greenpeace Romania wurden alleine im Jahr 2017 insgesamt 12487 Fälle illegalen Holzeinschlags registriert – das waren 32 Prozent mehr als im Jahr zuvor: Rumäniens bewaldete Fläche liege mit nur noch 27,5 Prozent mittlerweile selbst unter dem EU-Durchschnitt von 33 Prozent, warnen die Umweltschützer.

Ermittlungen sind zu lax

Allein im vergangenen Jahr seien in der Region Maramures im Norden des Landes, der Heimat des ermordeten Försters Liviu Pop, mehr als 90 000 Kubikmeter Holz illegal ausgeholzt worden und das sei „nur die Spitze des Eisbergs“, berichtet die Aktionsgruppe Forest Walk. Derartige Holzmengen können nicht nur mit dem Pferdekarren aus dem Wald gebracht werden: „Dafür sind Maschinen, Infrastruktur und die Komplizenschaft der Behörden nötig.“ Die bisherigen Maßnahmen gegen den Raubbau zeigten keinerlei Wirkung: „Der Tod der Förster sind ein eklatantes Zeichen, dass das Verbrechen in den Wäldern auf dem Vormarsch ist.“

Tatsächlich werfen zumindest die merkwürdig laxen Ermittlungen nach den Mördern von Förster Liviu Pop die Frage auf, in welchem Maß Rumäniens Justiz von den Machenschaften der Holzmafia infiziert ist. Zwar konnte die Polizei drei Beschäftigte eines Holzhandels als Tatverdächtige ermitteln. Doch nachdem diese erklärt hatten, dass sich der Förster durch einen sich versehentlich lösenden Schuss selbst getötet habe und danach wegen der scheu gewordenen Pferde vom Holzwagen überrollt und so sein Bein gebrochen worden sei, wurden sie überraschend wieder auf freien Fuß gesetzt: Wie Rumäniens Presse berichtete, soll einer der Verdächtigen der Neffe des Staatsanwalts von Targu Lupes sein.

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